Montag, 6. Februar 2017

Brexit / Trump - Teil 2: Trauer muss Theresa tragen

D. Trump bläst der kalte Wind ins Gesicht. Am Freitag hatte Bundesrichter Robart den "Einreise-Bann" des US - Präsidenten landesweit per Dekret ausgesetzt, worauf Trump ihn und sein Urteil als "so-called-judge" und "ridiculous" beschimpfte, nun wird er selbst als "so-called-president" verhöhnt. Auch bei den Briten erntet er Sturm, denn unter großem Beifall des Unterhauses sagte dessen Sprecher John Bercow vor 2 Stunden:

Independent 6. Jan. 2017 18:00
"Vor der Verhängung des Einwanderungsverbotes hätte ich selbst einer Rede von Präsident Trump in Westminster Hall stark widersprochen. Nach der Verhängung des Einwanderungsverbots durch Präsident Trump bin ich noch stärker gegen eine Rede von Präsident Trump in Westminister Hall. ... Wenn ein Staatsbesuch stattfindet, ist das weit über die Gehaltsstufe des Sprechers hinaus. Allerdings was diesen Ort betrifft, fühle ich sehr stark, dass unsere Opposition gegen Rassismus und Sexismus und unsere Unterstützung der Gleichheit vor dem Gesetz und einer unabhängigen Judikative im Unterhaus von großer Bedeutung ist."

Der britische Independent brachte die Video - Aufzeichnung der Rede auf der Titelseite. Warum aber muß Theresa Trauer tragen ?

Bis jetzt haben fast 2 Millionen Briten eine Petition zur Absage des Staatsbesuchs von D. Trump unterschrieben. Sein für Ende des Jahres angekündigter Besuch tendiert zum politischen Minenfeld: Trump's Team soll auch jeden Kontakt mit Prinz Charles vermeiden, weil dessen Umweltkampagne ihn mit dem amerikanischen Präsidenten aneinander bringen würde.

NYTimes 30.01.2017
"Theresa May's 'Gobal Britain' Is Baloney" urteilte die NY Times schon vor deren Besuch in Washington, ihre Idee eines "Globalen Britanniens ist Unsinn". Sie sei so begeistert von ihrer Idee gewesen, dass sie das Wort "global" 17 Mal in ihrer Rede verwandt hätte. Nur ein Satz ihrer Rede sei ehrlich gewesen: "Brexit muss bedeuten, die Zahl der Menschen zu kontrollieren, die von Europa nach Großbritannien kommen." Also zu viele Polen und Rumänen, die Jobs machen, die sonst niemand will.



Und dann folgt eine Strafpredigt über den Brexit, wie man sie in Europa noch nicht gehört hat:
The vote for Brexit was in fact the moment Britain turned it's back on the world, succumbing to pettiness, anti-immigrant bigotry, lying politicians, self-delusion and vapid promises of restored glory. Global Britain” is a specious branding effort designed to mask an expensive mistake, opposed by 48 percent of voters.
Die Abstimmung für den Brexit war tatsächlich der Augenblick, als Großbritannien der Welt den Rücken kehrte und der Kleinheit erlag, der fremdenfeindlichen Bigotterie, den lügenden Politikern, der Selbst -Täuschung und den schalen Versprechungen der wiederhergestellten Größe. "Global Britain" ist ein besonderes Markenzeichen, das nur dazu dienen soll, einen teuren Fehler zu vertuschen, den 48% der Wähler abgelehnt haben.

Tags darauf legte die NY Times nach: Führer von US Verbündeten können gestochen werden, wenn sie Trump nahekommen. Als Theresa May im Flugzeug nach Ankara sass, hatte Trump schon das Einreiseverbot unterzeichnet, wovon sie nichts ahnte. Als sie zuhause Trumps Dekret als "American issue" (inner-amerikanische Angelegenheit) bezeichnete, hagelte es Proteste auch von ihren eigenen Parlamentskollegen. Ein Diplomat i.R. beschuldigte sie des "appeasement", was alle Briten  an ihre damalige Fehleinschätzung von Hitlers Außenpolitik erinnert.

Guardian 31.01.2017
Noch am 30. Januar zogen Protestierende durch London und andere britische Städte und hielten solche Plakate auch vor Downingstreet 10 hoch.

Eine Internet Petition  forderte May auf, die Einladung zum Staatsbesuch von Trump zurückzuziehen. Sie wurde von fast 2 Mio Menschen unterzeichnet und soll am 20.02.2017 im Parlament beraten werden.



Eleganter wurde May am 01.02.2017 von CNN abgekanzelt durch die süffisante Frage Trump and May: The new Reagan and Thatcher ?


CNN Politics 01.02.2017
Dann folgte eine sehenswerte Gegenüberstellung der gegen-sätzlichen Standpunkte von Trump und May in Bezug auf

- den Handel
- die NATO
- die Haltung zu Russland
- den Klimawandel

Übrig bleibt die einzige gemein-same Sichtweise i.B. auf die Immigration.


Nachtrag: Der Guardian erinnert an die Überheblichkeit der Premierminister


Der britische Guardian ist noch kompromißloser: Britannien bekommt das Schlechteste aus beiden Welten.

Alle Premierminister hätten mit der Gefahr der Hybris (Überheblichkeit) zu tun gehabt. David Camerons Fall war das letzte Beispiel. Er dachte, er könnte ein Referendum gewinnen und die UKIP kleinhalten. Da hat er sich geschnitten, mit katastrophalen Folgen für Großbritannien. Und Theresa May hat davon profitiert. Aber jetzt steht sie vor dem selben Risiko und denkt, sie könnte an der Macht und in der Gunst der Massen bleiben, indem sie den Rechten nachläuft und der UKIP die Luft rauslassen will.

[ Das sollte mal jemand in dieser Deutlichkeit der CSU - Spitze und ihren Zuträgern in der CDU stecken. Zusatz von mir. ]

Das Thema wird uns noch einige Zeit beschäftigen.


Obwohl wir Deutschen wirklich viele andere drängende Themen haben, bleibt Brexit / Trump uns erhalten.

Darum werde ich es als Fortsetzungsserie behandeln, ebenso wie die Serie Digitaler Umsturz, die noch lange nicht beendet ist. Die amerikanische Opposition gegen die Trump - Administration ist beachtlich, sie lernt schnell. Die Sicherheitspolitik ist dilettantisch und steht im Kreuzfeuer. Die Amtsenthebung ist ein Dauerbrenner und kommt langsam voran. Die Rücknahme der unter Obama verabschiedeten Gesetze im Bereich Gesundheit, Bankenregulierung und Handel werden fast täglich kommentiert. 

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