Dienstag, 24. Januar 2017

Brexit / Trump - Teil 1: Die Zeit der gefährlichen Experimente

Die "breaking news" heute Morgen kam aus London: Government loses Brexit vote appeal. Die Berufungsklage der Regierung wurde mit 8:3 Stimmen abgelehnt. Die Regierung wollte die
königliche Prerogative ( Die Krone verleiht den Ministern die Macht ) nutzen und am Parlament vorbei handeln. Nur darum ging es. Und es war eine Zurechtweisung der Royals und der Regierung.

BBC News 24.01.2017
Gina Miller (r.i. Bild), Investment - Bankerin, hatte im November 2016 in der Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof argumentiert, die Prerogative würde geltendes UK Recht übergehen. Das Parlament und die Peers sollten darüber entscheiden. Die verhandeln heute noch bis Mitternacht, quasi öffentlich im TV.
Die Labour Partei ist gespalten und hatte gesagt, "House of Lords needs to examine Brexit plan." In diesem Haus wollen die Liberalen Demokraten ein neues Referendum. Starke Worte wurden gewechselt, vor Ende März soll der Brexit-Antrag bei er EU gestellt werden. Bei den Lords war aber noch niemals etwas sicher. Es heißt abwarten bis zur nächsten Verhandlung am 08.02.2017.

Die beste Analyse kam heute Morgen von Josh Boak aus Washington: Trump's trade plans to test his deal-making skills  Im Folgenden wird versucht, die Nachrichten nicht nur weiterzugeben, sondern auch einzuordnen.

Der Artikel ist voll gepackt mit wirtschaftlichen Betrachtungen, der Kern ist jedoch diese kurze Passage, die ich auf Englisch lasse, um die Präzision nicht zu verwässern.
Most analysts say the 12-nation agreement, the product of years of negotiations during the previous administration, would have reduced prices and boosted sales abroad for automakers, farmers and tech companies. But Trump vowed on Monday that he could do better. Riding a tide of worries about job losses and suspicion of such sweeping agreements, the businessman who wrote “The Art of the Deal” sold himself as a sharper negotiator than his predecessor. He now plans to shun multinational deals and begin focusing on one-on-one agreements with other countries.
Hier mein Übersetzungsversuch:
Die meisten Analytiker sagen, die 12-Staaten-Vereinbarung, das Produkt jahrelanger Verhandlungen der vorigen Administration, würde Preise gesenkt und den Überseehandel von Autoherstellern, Landwirtschaft und Tech - Firmen angekurbelt haben. Aber Trump verschwor sich am Montag, dass er es besser könnte. Getragen von seiner Flut der Sorgen über den Verlust von Arbeitsplätzen und der Verdächtigungen gegen solche schwammigen Vereinbarungen, hat sich der Geschäftsmann Trump, der "Die Kunst des Deals" schrieb, [ der bei jeder Gelegenheit sein Imperium als eins der größten der Welt bezeichnet, welches er locker mit der rechten Hand führen könne, während er gleichzeitig die USA mit der linken Hand führen könne - das hat er wirklich auf seiner ersten Pressekonferenz am 11.01.2017 gesagt und mit Handgesten untermauert - Einschub von mir ] , als schärferer Verhandlungsführer als sein Vorgänger verkauft. Und nun scheut er multinationale Deals und verlegt sich auf bilaterale Vereinbarungen mit anderen Ländern. 
Was haben diese zeitgleichen Vorgänge gemeinsam?

  • Die Produkte jahrelanger Verhandlungen wurden kurzfristig außer Kraft gesetzt. 
  • Zuvor wurde ein Teil der Bevölkerung durch den Einsatz IT - gestützter Massenpsychologie,  massiver Täuschungen und offenkundiger Unwahrheiten gegen den anderen gehetzt.
  • Es wurde keine bewaffnete Gewalt angewendet, statt dessen unverkennbar Programme aus der Abteilung "Feindtäuschung und Falschmeldung", wobei Russland offen angesprochen wurde.
  • Beide Bevölkerungsteile schienen zahlenmäßig nahezu gleich, unterschieden sich jedoch hinsichtlich des Organisationsgrads. Das unterliegt dem Wandel.
  • Der erfolgreiche Teil besetzte die Regierung. 
  • Der ausmanövrierte Teil geht mit Demonstrationen und juristischen Mitteln gegen die Pläne des anderen Teils vor.
  • Beide Teile scheinen sich darin einig, dass die Pläne sehr weitreichende Folgen haben werden, unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der Beurteilung.
  • Niemand verfügt über Erfahrungen mit den Maßnahmen, die in den Plänen enthalten sind.
Es gibt da ein Missverhältnis zwischen dem ungestümen Durchsetzen weitreichender Pläne auf der einen Seite und dem Mangel an Erfahrung mit dem Inhalt der Pläne auf der anderen Seite. Moralphilosophen, Militärkommandeure, Lehrer und Eltern würden auch heute nicht zögern, hier auf den fundamentalen Unterschied zwischen Tapferkeit und Leichtsinn zu verweisen, Bereich und Umfang von beabsichtigten Handlungen einbeziehen. Leichtsinn wird schon im Straßenverkehr oft zur Verantwortungslosigkeit. Weitreichende Experimente mit ganzen Gesellschaften sind gefährlich, unkontrollierbar, unumkehrbar, es gibt keinen Plan B, sie über das Knie brechen - für diesen Superlativ der Verantwortungslosigkeit haben wir kein Wort, ausser vielleicht Krieg.


Hier muss noch viel gesagt werden, z.B. über Handelskriege, militärische Kriege, psychologische Kriegführung wie Feindtäuschung und Falschmeldung. Oder  z.B. dass John F. Kennedy, weil er rechtzeitig das Buch "Guns of August" gelesen hatte, in der Kubakrise eine intelligentere Politik gegen die "Falken" im eigenen und im russischen Generalstab erfinden konnte, ohne die wir hier und heute wahrscheinlich nicht leben würden. Wenn er kein politisches Genie gewesen wäre, hätte ihm das Buch auch nichts genutzt. [ Trump konnte neulich in einem Interview kein Buch angeben, das er gelesen hat. ]

"Sie alle waren so von ihren eigenen Plänen und Vorkehrungen überzeugt, sie sahen alle Gegenzüge ihrer Gegner voraus ... als sie sahen, dass sie sich geirrt hatten, waren die Befehle draußen, die Truppen in Marsch ..." - diese Worte läßt der Regisseur Donaldson den amerikanischen Präsidenten über die Generäle des 1. Weltkriegs  sagen - vgl Wikipedia zum  Spielfilm Thirteen Days


Leider ist die deutsche Version auf Youtube mal wieder aus Lizenzgründen gelöscht, hier geht es zu englischen Version: Thirteen Days (2000) full movie


Nachtrag 25.01.2017: Doppelbedrohung für Airbus durch  Brexit / Trump 


Tom Williams, Chef des größten europäischen Flugzeugherstellers Airbus, sprach heute von dem twin threat of Brexit and the policies of the Trump administration. Kern seiner Aussage:
Airbus were no longer able to operate a successful UK business with the ability to seamlessly move goods and people around the European Union ...Williams suggested the US and its arch-rival, Boeing, would be ready to take full advantage of any negative fallout from Brexit suffered by Airbus.
Airbus wäre nicht länger in der Lage, ein erfolgreiches UK - Geschäft mit dem nahtlosen Transport von Gütern und Menschen in der EU zu betreiben ... Aus den Verlusten, die Airbus durch den Brexit entstehen, würden die USA und der Erzrivale  Boeing den ganzen Vorteil ziehen.

Schön zu sehen, dass fähige Wirtschaftsführer auch scharfe politische Denker sein können.

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