Montag, 9. Oktober 2017

USA-Vatikan Beziehungen in einer post-amerikanischen Welt: Geschulte Diplomaten?

US-Vatican relations in a post-American world: Trained diplomats?



Teil 3 / Part 3

Der Beruf des Diplomaten: Anspruch und Wirklichkeit


Der in Teil 2 erwähnte Robert F. Illing war amerikanischer Diplomat. Er hatte das Glück, mit Botschafter Cabot Lodge zu arbeiten, einem sehr erfahrenen und beliebten Diplomaten. Und er hatte das Glück, seinen Dienst beim Vatikan zu tun. Es gibt nur selten Berufsdiplomaten, die voller Hochachtung über die Qualität der päpstlichen Diplomaten geschrieben haben, ihre professionelle und persönliche Qualität.

In seinem Buch America and the Vatican schätzt er. obwohl selber kein Katholik, besonders das immense Informationsnetz ...



... der katholischen Kirche, an dem er auch teilhaben durfte, sowie die Qualität und den Umfang der Ausbildung der päpstlichen Diplomaten.

Seinen eigenen diplomatischen Dienst betrachtet er zum Teil kritisch und liefert eine Reihe von Beispielen, von den hier nur zwei herausgegriffen werden.

Präsident Trumans Versprechen an Pius XII.


Am Vorabend des 2. Weltkrieges wurde in politischen Kreisen der USA über die Vorteile einer Botschaft beim Hl. Stuhl nachgedacht. Der Kampf gegen den gottlosen Kommunismus, der Kreuzzug gegen den Nationalsozialismus und den Rassismus und die Möglichkeit, wertvolle Geheiminformationen zu erhalten, waren dabei im Spiel. Wie bereits erwähnt, hatte damals Präsident Franklin D. Roosevelt mit dem Vatikan die Gründung einer "Mission" vereinbart, die aus seinem persönlichen Beauftragten Myron Taylor und dessen ständigem Assistenten Harold Tittmann bestand. Die Mission hatte während des Krieges so gut gearbeitet, dass nach dem Tod von Roosevelt dessen Nachfolger Präsident Harry S. Truman dem Papst Pius XII. versprach, die Mission in den Rang einer Botschaft zu heben. 

So nominierte Truman 1950 den Helden der Befreiung Italiens und Roms, General Mark Clark, beim Senat als Botschafter beim Hl. Stuhl. Aber der Senat lehnte nach monatelangen Diskussionen die Nominierung ab, weil er darin eine Verletzung des Prinzips der Trennung von Staat und Kirche sah und darüber hinaus eine Einmischung der Katholiken in die Außenpolitik fürchtete. Es gab damals Gerüchte, dass Truman das Scheitern der Nominierung wollte und erwartete, weil er nur sein Versprechen an Papst Pius XII. halten wollte. 

Die Taylor - Mission wurde dann hastig geschlossen, auf eine Weise, die beim Vatikan Irrtationen auslöste und die Arbeit der amerikanischen Botschaft in Italien lange Zeit beeinträchtigte. Eine Verbesserung der Beziehungen wurde erst erreicht, als Präsident Nixon 1970 die bahnbrechende Entscheidung ankündigte,  Cabot Lodge als seinen Sonderbeauftragten zum Vatikan zu entsenden. 

Nachzulesen bei Illing, Kapitel "A Relationship Grows - Slowly"

Präsident Johnsons Instinktlosigkeit


Als Präsident Lyndon B. Johnson einen Besuch bei Papst Paul VI. am 23. Dezember  1967 plante - da ging es um den durch den Vatikan vermittelten Waffenstillstand - und  aus Zeitgründen den traditionellen den Besuch bei der italienischen Botschaft in Washington ausfallen lassen wollte, informierte ihn Frederick Reinhardt, der amerika-nische Botschafter in Rom,  dass eine etablierte Praxis vorsah, einen Staatsbesuch beim Vatikan auch immer mit einem Besuch bei der italienischen Botschaft in Washington und umgekehrt zu verbinden. Johnson lehnte das energisch ab, aber Reinhardt bestand darauf. Schließlich gab Johnson nach, forderte aber hinterher Reinhardts Kopf und beendete dessen vielversprechende Karriere.

Nachzulesen bei Illing, Kapitel "Welcome to the Vatican, Mr. President".

Diplomatie im Zeitalter der Globalisierung


Obwohl Illing sich nur mit den diplomatischen Beziehungen zum Vatikan beschäftigt, kommt er im Nachwort zu Beobachtungen und Empfehlungen, die sich auf den  Foreign Service allgemein beziehen. Mit Bezug auf die Personalauswahl von Botschaftern sagt er etwa:
Choice ambassadorships like the Vatican are invariably given to inexperienced and unqualified political appointees.
Botschafterposten wie die beim Vatikan werden ausnahmslos an unerfahrene und unqualifizierte politisch Berufene vergeben.
Illing, Robert F.. America and the Vatican: Trading Information after World War II (Kindle-Positionen3172-3174). History Publishing Company, LLC. Kindle-Version.  
Doch sogleich verallgemeinert er seine Haltung:
As we enter a new millennium, at a moment when the relative power of the United States is being reassessed, it is well worth examining just what should be the nature of diplomacy in this new era. I would suggest that diplomacy should be the practice of furthering the interests of our country while trying to create a more peaceful, just, and harmonious world order.
Wir treten gerade in ein neues Jahrtausend ein, in einem Augenblick, in dem die relative Macht der Vereinigten Staaten neu bewertet wird. Da lohnt es sich, das Wesen der Diplomatie in dieser neuen Ära zu untersuchen. Ich würde vorschlagen, dass die Diplomatie darin bestehen sollte, die Interessen unseres Landes zu fördern, indem wir zugleich versuchen, eine friedlichere, gerechtere und harmonischere Weltordnung zu schaffen.
Illing, Robert F.. America and the Vatican: Trading Information after World War II (Kindle-Positionen3174-3176). History Publishing Company, LLC. Kindle-Version.  
Man muss verstehen, so fährt er fort, dass die Diplomatie ein Prozess ist, der für beide Seiten vorteilhafte Lösungen von anstehenden Problemen sucht. Um die richtige Atmosphäre dafür zu schaffen, muss das Konzept der kontradiktorischen Beziehungen verbannt werden. Nur eine kooperative Haltung ist förderlich, um die Art von dauer-haften Lösungen zu finden, die alle Parteien wünschen. Die Versailler Verträge nach dem Ersten Weltkrieg sind die Art von Strafmaßnahmen, die man vermeiden sollte; sie führen nur zu einem Verlangen nach Rache bei den Verlierern, wie es bei Nazi-Deutschland der Fall war. In diesem Zeitalter der Globalisierung müssen zukünftige Diplomaten dazu ausgebildet werden, eine breitere Weltanschauung zu entwickeln, in der sie das nationale Interesse ihres Landes mit einem größeren Wohl der ganzen Welt in Einklang bringen.

Illing hat zu oft gesehen, dass die Top - Ebenen der amerikanischen Außenpolitik in der Hand von Anwälten waren, von Profis, die darauf trainiert waren, für ihre Mandanten zu gewinnen, ohne Rücksicht auf das Schicksal ihrer Gegner. Dieser konfliktäre Ansatz hat in seinen Augen keinen Platz mehr in der Zukunft. Aus der Sicht des Jahres 2010 schreibt er:
Although it may be too soon to judge, it seems that under President Obama, the United States is beginning to see the wisdom and the necessity of this approach.
Obwohl es zu früh für ein Urteil sein mag, so scheint es doch, dass unter Präsident Obama die Vereinigten Staaten anfangen, die Weisheit und die Notwendigkeit dieses Ansatzes zu begreifen.
Illing, Robert F.. America and the Vatican: Trading Information after World War II (Kindle-Positionen3183-3184). History Publishing Company, LLC. Kindle-Version. 

Man könnte ein Buch über die Defizite des Personalsystem im State Department [Außenministerium] schreiben, so fährt er fort. Der Foreign Service Act von 1980 [Regelwerk des Ausländischen Dienstes] fordert, dass selbst politisch Berufene gewisse erkennbare und quantifizierbare Qualitäten und Fähigkeiten wie Sprachkenntnisse, Hintergrundwissen, lokale Erfahrungen etc. haben,
To say the least, the White House, or the Senate that must confirm all ambassadorial appointments, gives not the slightest attention to these requirements in the majority of cases.
Das Mindeste, was gesagt werden kann, ist, dass das Weiße Haus oder der Senat, der alle Botschafterverpflichtungen bestätigen muss, diesen Anforderungen in den meisten Fällen nicht die geringste Beachtung schenkt.
Illing, Robert F.. America and the Vatican: Trading Information after World War II (Kindle-Positionen3194-3196). History Publishing Company, LLC. Kindle-Version. 
Die Eröffnung einer amerikanischen Botschaft beim Hl. Stuhl war unvermeidlich und richtig, so meint er. Ironischerweise hätten aber die Botschafter eine geringere Präsenz im Vatikan als damals Cabot Lodge, der  nur selten zu Besuch war. Sie würden niemals lange genug bleiben, um sich in die erste Reihe zu arbeiten. Heute [2010] hätten die USA  fünf Diplomaten im Vatikan, eine Residenz, eine Kanzlei, Gärten, die gepflegt werden müssen, Schreibkräfte, Chauffeure und anderes Personal. Die Kosten sind viel höher als in der Zeit der winzigen Lodge-Mission und er, Illing, würde ernsthaft bezweifeln, dass das Berichtswesen mehr und besser geworden ist.

Zum Zustand der Diplomatie seit Januar 2017


Die Botschaft beim Hl. Stuhl besteht noch. Die Führung hat Louis L. Bono, ein Chargé d'Affaires. Es sei angemerkt, dass Außenminister Tillerson den Präsidenten einen "moron", einen Idioten genannt hatte und seinen Rücktritt einreichen wollte. Der international bekannte Politikwissenschafter Robert Reich hat ihm den Rücken gestärkt und auf die wachsende Bedeutungslosigkeit des Präsidenten und sei baldige Ablösung hingewiesen. vgl. auf diesem Blog

Robert Reich: Donald Trump ist nicht länger Präsident der Vereinigten Staaten

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