Montag, 19. Februar 2018

Der Westen versteht nicht Russlands Multi-Vektor Außenpolitik

The West does not understand Russia's multi-vector foreign policy




Bush und Obama sind mit ihrer Russlandpolitik gescheitert
Bush and Obama have failed with their policy towards Russia

Trump hätte zwar einen neuen Ansatz versprochen, aber einen ähnlichen Mangel an Visionen gezeigt wie seine Vorgänger.

POLITICO 1. Januar 2017
Das schrieb Molly McKew kurz nach der Wahl von Donald Trump zum 45. US - Präsidenten. Sie ist hierzulande ziemlich unbekannt, aber in den USA wird sie als Politikberaterin und Expertin für Informationskriege geschätzt. POLITICO veröffentlichte ihren Aufsatz "Putins Real Long Game" schon am 1. Januar 2017. Eine deutsche Übersetzung steht im Blogheader.

Menschen wie McKew verfügen über ein besonderes Insiderwissen, das in den politischen und militärischen Prozessen des Westens fehlt. Die eben zu Ende gegan-gene Münchener Sicherheitskonferenz zeigte ungebrochen die Unterschätzung der russischen Position.

Münchener Sicherheitskonferenz 2018


Die Veranstalter hatten bereits vor der Konferenz einen Bericht vorgelegt, den Munich Security Report 2018. Da gab es erste Ansätze eines veränderten Bewusstseins, z.B.  im Abschnitt "International Order on the Brink?" oder in den Abschnitten "EU: Union Crack?", "United States: Home Alone?". Jedoch im Abschnitt "Russia: Bearly Strong?" spricht wieder die alte Unterschätzung Russlands als "armer Mann". Der Westen muss akzeptieren - so schreibt McKew -, dass Putin das, was wir als enorme Schwäche empfinden, in beträchtliche Stärke verwandelt hat. Wenn Russland eine starke Wirtschaft wäre, die eng mit dem globalen System verbunden wäre, hätte es Anfälligkeiten gegenüber einer traditionelleren Diplomatie. Aber in der veränderten Weltordnung, wie sie sich bereits gezeigt hat, ist es ein bedeutender Akteur - und in der gegenwärtigen politischen Landschaft Russlands können keine neuen Sanktionen die vom Kreml aufgebaute defensive, insulare Kriegsökonomie überwinden.

Man sollte im Munich Security Report 2018 nach solchen Schwachstellen suchen. Er steht auf dem Portal der Münchener Sicherheitskonferenz 2018 zum Download bereit.
Munich Security Conference 2018
So erscheint z.B. das Wort „Cyber“ nur im Zusammenhang mit „Security“, was ja auch wichtig, aber leider nicht genug ist. Kein Wort über den Zusammenbruch der Nachkriegsordnung, über Kriegführung im 21. Jahrhundert, über den Informations-krieg Russlands gegen den Westen, über die unüberschaubare Vielzahl von Bots, Trollen, Dark Ads und Desinformationsplattformen im Internet. 

Die weniger offensichtlichen Techniken, die in Russland als „aktive Maßnahmen“ und „reflexive Kontrolle“ bekannt sind, spielen in westlichen Sicherheitsüberlegungen keine Rolle. Beide zielen darauf ab, dass wir gegen unsere eigenen Interessen handeln. Beim Informationskrieg – so sagt McKew – geht es nicht darum, eine alternative Wahrheit zu schaffen, vielmehr soll unsere grundlegende Fähigkeit, die Wahrheit überhaupt zu unterscheiden, untergraben werden.

Begriffe wie „nichtlinearer Krieg“ und „Gerasimov – Doktrin“ sind im Westen nur Spezialisten bekannt. Die diplomatische Seite dieses nichtlinearen Krieges ist keine Außenpolitik, die auf den Aufbau eines neuen pro-russischen Blocks abzielt. Vielmehr handelt es sich um etwas, das der Kreml als "Multi-Vektor"- Außenpolitik bezeichnet. Sie untergräbt die Stärke westlicher Institutionen durch Verbinden alternierender - idealerweise temporärer und begrenzter – Machtzentren. Statt einer stabilen Weltord-nung, die von den USA und ihren Verbündeten unterstützt wird, ist das Ziel eine instabile neue Weltordnung "alle gegen alle". Der Kreml hat versucht, diesen Prozess zu beschleunigen, indem er Krisen entfachte, die alle westlichen Antworten überrollten (z.B. die Migrationskrise in Europa und der Krieg in der Ostukraine).  Er hat seine Überlegenheit bei der Lösung von Krisen demonstriert, die der Westen nicht lösen konnte ( z.B. Syrien bombardieren, unabhängig von den Kosten: Russland kann Stabilität im Nahen Osten bringen und der Westen kann es nicht).

McKews wichtigster Punkt ist aber dieser: „ Dieses Russland möchte nicht wie wir sein oder sich selbst stärker machen als wir. Vielmehr wollen ihre Führer, dass der Westen - und speziell die NATO und Amerika - immer schwächer und zerrütteter werden, bis wir so gebrochen sind, wie sie sich selbst wahrnehmen.“

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