Freitag, 30. Juni 2017

USA Russland-Ermittlungen: Direkte Spur von Trump zu Putin?

U.S. Russia probes: Direct trail from Trump to Putin?


Letzter Update 02.07.2017

Ausgerechnet das konservative Wallstreet Journal (WSJ) hatte die erste direkte Spur entdeckt, die vom US - Präsidenten zur russischen Regierung führt. Das WSJ brachte die Story am 29.06.2017. Gestern ergänzte es seinen Bericht. Das Foto unten bildet die Schlagzeile mit der Zusammenfassung ab.  [ Klicken vergrößert das Foto. ]

WJS am 01.07.2017
Der englische Text besagt: Der GOP Aktivist, der nach Clinton Emails suchte, zitierte die Namen von Funktionären der Wahlkampagne Trumps. Peter W. Smith listet außer Flynn auch Bannon, Conway, Clovis in einem Rekrutie-rungsschreiben auf. Der Zweck des Dokuments ist unklar; es gibt keinen Hinweis, dass er eine Absprache mit ihnen beantragt oder erhalten hat.

Das FBI soll Smith schon länger beobachtet haben. Nachdem der aber mit dem WSJ gesprochen hatte, ist er unerwartet verstorben - 10 Tage danach, wie eine Zeitung wissen will. Auf jeden Fall kann er nicht mehr aussagen.

Die Story des Wallstreet Journal


Vorgestern bezeichnete das WSJ Peter W. Smith aus Chicago als langjährigen  "GOP Operative" und "researcher".
[ GOP = Grand Old Party = Republikanische Partei. Operatives, researchers sind hoch bezahlte Ermittler. ]  
Smith hatte für die GOP schon gegen den ehemaligen Präsidenten Bill Clinton in der Lewinski - Affäre (1995 bis 1998) ermittelt. Gegen Clinton wurde 1998 ein Amtsent-hebungsverfahren eingeleitet, in dem er freigesprochen wurde.

Shane Harris, ein Experte des WSJ für Nationale Sicherheit, berichtet, dass der GOP - Ermittler Smith vor der Wahl 2016  die vom privaten Server von Hillary Clinton gestohlenen Emails suchte, die nach Insidergerüchten im Besitz von russischen Hackern waren. Er rekrutierte eine Gruppe von Technologie - Experten, Anwälten und einen russisch sprechenden Ermittler mit Sitz in Europa. In den Rekrutierungsschrei-ben deutete er an, dass er mit General a.D. Mike Flynn zusammenarbeitet, zu der Zeit ein Chefberater des damaligen Kandidaten Donald Trump.

Welche Rolle, wenn überhaupt, Flynn in Smiths Projekt gespielt hat, sei unklar. Ein rekrutierter Experte erzählte aber dem WSJ:
"Er sagte:" Ich rede mit Michael Flynn darüber, wenn du etwas findest, kannst du es mich wissen lassen? " sagte Eric York, ein Computer-Sicherheitsexperte von Atlanta, der Hacker-Foren in Smiths Auftrag nach Leuten absuchte, die Zugriff auf die Emails haben könnten. 
Emails von Smith und einem seiner Mitarbeiter zeigen, dass seine kleine Gruppe Ex-General Flynn und seine Beratungsfirma, Flynn Intel Group, als Verbündete in ihrer Suche betrachteten.

In einem Interview  mit dem WSJ sagte Smith, dass er und seine Kollegen fünf Hackergruppen gefunden haben, die behaupteten, im Besitz der gelöschten Emails von Mrs. Clinton zu sein; darunter zwei Gruppen, die Smith als Russen einstufte.
 "Wir wussten, dass die Leute, die so etwas haben, wahrscheinlich in der Umgebung der russischen Regierung sind," sagte Smith.
 Er sagt weiter, dass er Mr. Flynn kannte, aber er sagte nie, dass Flynn beteiligt war. Flynn antwortete nicht auf Anfragen zur Stellungnahme.

Ein Trump-Kampagnensprecher sagte, dass Smith nicht für die Kampagne gearbeitet habe, und dass, wenn Flynn sich mit ihm in irgendeiner Weise abgesprochen hätte, es in seiner Eigenschaft als Privatperson gewesen wäre. Das Weiße Haus lehnte jeden Kommentar ab.

Gestern haben sich weitere Experten des WSJ eingeschaltet und bestätigt, dass in den Unterlagen von Smith auch BannonConwayClovis und Flynn aufgelistet sind.

Shane Harris 29.06.2017
Die Online-Ausgabe des WJS ist Einwohnern der USA vorbehalten, aber die Sache wurde in der Rachel Maddow Show am 29.06. mit dem Experten des WSJ  Harris besprochen. Smith ist inzwischen tot, aber Harris hat ihn noch zu Lebzeiten interviewt und von ihm Dokumente erhalten. Smith hat Flynn als "Alliierten auf der Jagd nach den Emails" bezeichnet.



Hier ist die ganze Sendung. Der Artikel des WSJ wird ab Minute 7 erläutert, Harris nimmt 10 Minuten später Stellung.



Andere Zeitungen haben die Story zögernd aufgegriffen, interessant sind

Meine Einschätzung


Das Private und das Öffentliche


Solche Dinge werden gerne als "rein privat" abgetan, sie hätten nichts mit dem Trump - Wahlkampagne oder mit heutigen Funktionären des Weißen Hauses zu tun. Aber das ist in diesem Fall nicht so einfach. Da fand bereits eine FBI - Untersuchung statt und Smith ist tot - zehn Tage, nachdem er mit dem WSJ gesprochen hat, wie Daily KOS wissen will. Der Mann war 81 Jahre alt, über die Umstände seines Todes wurde bisher nichts bekannt.

Davon unabhängig stellt sich eine wichtige Frage, die weiterführt: "Wer hat den GOP - Ermittler Peter W. Smith beauftragt?" Er hat jahrelang für die Republikanische Partei ermittelt. Smith hatte eine Firma und Mitarbeiter. Ermittlungen sind teuer. Von wem und wie wurde er bezahlt?  Da muss es Steuerunterlagen geben.

"Ich rede mit Flynn darüber. Wenn du etwas findest, kannst du es mich wissen lassen?" - Die Aussage des Computer-Sicherheitsexperten York legt nahe, dass Smith von Flynn beauftragt worden sein könnte. Wenn Smith von Flynn Intel Group bezahlt wurde, konnte Smith wahrheitsgemäß sagen, dass Flynn nicht beteiligt war. Es geht hier auch nicht um Beteiligung, sondern um Beauftragung, Duldungsvollmacht und Mitwisserschaft von Flynn, Bannon, Conway und Clovis.
Zur Erinnerung: Die GOP war seit 2009 in der Opposition, zerstritten. Die Gruppen um Ted Cruz hatten auch Ermittler eingesetzt und zwar gegen Donald Trump , u.a. die Firma des EX-MI6 Agenten Christopher Steel
vgl. zur Geschichte des Trump - Dossiers: Folgen einer Steuererklärung


Komplizenschaft mit russischen Hackern


Die ausdrückliche Bereitschaft, mit russischen Hackern in der Umgebung der russischen Regierung zusammenzuarbeiten, ist bei Smith, seiner Firma und der rekrutierten Expertengruppe nicht von der Hand zu weisen. Sie wollten unbedingt die von Clintons privatem Server gelöschten Emails haben. Hillary Clinton hatte 2016 dem FBI 30.000 Emails übergeben, die sie in ihrer Zeit als Außenministerin Januar 2009 bis Februar 2013 auf dem privaten Server der Clintons gehalten hatte. Weitere 30.000 Emails hatte sie gelöscht, weil sie "privaten Inhalt" hätten. 

Ob Smith im Auftrag der GOP  dem FBI den Tipp gab, dass Clinton gegen Sicherheits-regeln verstoßen und evtl geheime Dokumente über ihren privaten Server versandte, ist mir nicht bekannt. Das FBI hatte die Untersuchungen im Sommer abgeschlossen, den "sorglosen Umgang" der Clintons mit ihrer Kommunikation" gerügt, aber ausgeschlossen, dass ein absichtliches Fehlverhalten vorgelegen hat.
vgl. SPIEGEL Worum geht es in der Email - Affäre?
Man darf davon ausgehen, dass die GOP großes Interesse an den 30.000 gelöschten Emails der damaligen Außenministerin gehabt hat. Die GOP war Dauer-Auftraggeber von Smith und auch bei ihr ist eine ausdrückliche Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit russischen Hackern festgestellt worden.  Das wird gleich erläutert.

Die Zeitlinie ist immer wichtig


Die Zeitlinie ist ebenfalls interessant. Bereits am 15.06.2016 wusste die GOP Führung, dass "the Russians hacked the DNC".
DNC = das Demokratische Nationale Komitee ist die Nationale Organisation der US Demokraten. Es führt u.a. Spendenkampagnen durch und stellt die politischen Positionen der Gesamtpartei dar. Das DNC war schon in der Watergateaffäre Ziel des Einbruchs und der Lauschangriffe. Der Hack auf das DNC wurde folgerichtig als "electronic Watergate" bezeichnet.
Die Washington Post veröffentlichte am 17.05.2017 den Mitschnitt eines Gespräches der GOP - Führung am 15.06.2016, bei dem der damalige Mehrheitsführer Kevin McKarthy diesen Ausspruch vor versammelter Runde tat: "The Russians hacked the DNC" und fortfuhr: "There's two people, I think, Putin pays: Rohrabacher and Trump." (Es gibt zwei Leute, von denen ich glaube, dass Putin sie beazhlt: Rohrabacher und Trump.) Das wurde mit Gelächter zur Kenntnis genommen und Speaker Paul Ryan hat die Anwesenden zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Bereitschaft der GOP - Führung zur Komplizenschaft mit russischen Hackern im Umfeld ihrer Regierung und mit dem russischen Präsidenten als Finanzier ihres Präsidentschaftskandidaten und heutigen Präsidenten ist auch nicht von der Hand zu weisen.
vgl. Westliche Geheimdienste misstrauen dem Präsidenten
Was die Veröffentlichung der 20.000 Emails aus dem DNC - Hack betrifft, so hat Prof. Lichtman auf  einen wichtigen Zusammenhang hingewiesen. Der Parteikonvent der Republikaner, auf dem die Wahlplattform zugunsten Russlands abgeändert wurde, fand vom 18. bis 21.07.2016 statt. Daran nahm auch der russische Botschafter Kysliak teil. Carter Page und D.J. Gordon hatten dort ein heimliches Gespräch mit dem Botschafter, das später von der Presse aufgedeckt wurde. Wikileaks veröffentlichte die Emails aus dem DNC - Hack am Tag darauf, am 22.07.2017.
"The Case for Impeachment",  Kapitel "Russian Connection", Abschnitt "Manipulating the Election"
vgl. auch Botschafter Kysliak spricht über Teilnahme am GOP Konvent 2016

Der DNC - Hack war also bekannt. Zu dem Zeitpunkt wussten  aber nur wenige Insider, dass die  30.000 privaten Emails, die Hillary Clinton gelöscht hatte, vor dem Löschen gestohlen worden waren und mutmaßlich in russischem Besitz waren. Und doch sprach Donald Trump bereits am 27.07.2016 öffentlich von vermissten 30.000 Clinton - Emails.

An diesem Tag verdarb Trump dem Demokra-tischen Nationalkonvent die Schau, als er zur selben Zeit eine Pressekonferenz gab und dabei sagte: "Russland, wenn du zuhörst, dann hoffe ich, dass du die 30.000 Emails finden kannst, die noch fehlen."

Woher konnte Trump zu diesem Zeitpunkt wissen, dass nach den 30.000 gelöschten Emails gesucht wurde?

vgl. Trumps "Joke" könnte ihn die Präsidentschaft kosten



Abwehrstrategien


Die GOP, Trump und das Weiße Haus experimentieren mit verschiedenen Abwehrstrategien.

a) Je mehr sich die Schlinge um den Hals des Präsidenten Trump zuzieht, desto mehr lenkt er ab: er schlägt um sich, spielt die sexistische Karte auf Twitter, lässt sich auf Youtube dabei aufnehmen, wie er einem weiblichen Besuch anbietet, ihn die ganze Nacht zu küssen. Auch das Video von heute verfolgt diese Absicht.


Trump Tweet 02. Juli 2017
Donald Trump hielt am Vorabend des 4.Juli, dem Nationalfeiertag, eine besondere Botschaft an die Twitter-Gemeinde parat: Es zeigt ihn am Rand eines Wrestling-Auftritts, wie er auf einen Medienvertreter losgeht. Dieses Video war  hier seit langem bekannt – es kursierte bereits zu Wahlkampfzeiten. Die Korrespondenten-Gemeinschaft hielt sich damals noch respektvoll mit der Berichterstattung zurück und nahm es als einen persönlichen Ausrutscher. Dass Donald Trump dieses Video nun selbst via Twitter verbreitet, und dies nicht nur zu diesem Zeitpunkt, sondern auch mit einer speziellen Botschaft an CNN – das verleiht diesem Tweet den Rang eines offiziellen und präsidialen Statements. Die Reaktionen sind nicht nur in den USA überwältigend. Deutschlandfunk und ZDF berichteten heute: "Prügelattacke" auf CNN

Ob Trump sein letztes Register zog, als er verbreiten ließ, dass er sich beim G20 - Gipfel mit Putin privat treffen will ?  Er hatte ja schon den russischen Botschafter und den Außenminister alleine getroffen. Nun muss er scheint's unbedingt mit Putin selber sprechen. 

b) Man bemüht sich, die Russland - Ermittlungen insgesamt zu diskreditieren. So fragt Chuck Grassley beim Jusitzministerium nach den politischen Beschuldigungen gegen den  eben erst eingesetzten FBI-Chef McCabe. Derselbe will vom Justizministerium die kompletten Kopien der Akten des FBI über die Russland-Ermittlungen haben. Jeder weiß, dass Grassley als Vorsitzender des Judiciary Committe des Senats keine Befugnis dazu hat, Einsicht in laufende Untersuchungen zu nehmen. Es geht hier auch nicht um die Sache, sondern um die Außenwirkung.
vgl. Grassley demands answers oninvestigations into acting FBI Director
vgl. Grassley and Adams ask for all FISA warrant requests 
c) Man bemüht sich um die Verharmlosung der geheimen Zusammenarbeit mit einer feindlichen Macht, denn das besagt der Begriff "collusion" eigentlich, der in den Diskussionen über die Russland - Ermittlungen die zentrale Rolle spielt. Es sind Artikel aufgetaucht, die glaubhaft machen sollten, dass "collusion" nicht illegal ist, aber die Abwehrstrategie scheint nicht wirksam zu sein, weil die öffentliche Empörung zu groß ist.

Wo stehen die Demokraten jetzt?


Scott Dworking von der "Democratic Coalition against Trump" hat immer gesagt:
"Es muss eine schriftliche Spur geben, die von Trump zu Putin führt." 

Meine Empfehlung an den Leser: machen Sie sich vertraut mit solchen Vorgängen und schauen Sie sich "All the president's men" an, den legendären Film über Watergate mit Robert Redford und Dustin Hoffmann. Darin spielen sie die beiden Reporter Carl Bernstein und Bob Woodward, die im Auftrag der Washington Post  den Watergate - Skandal ins Rollen brachten. Dazu gibt es eine Aktualisierung mit den Akteuren von damals und den beiden Schauspielern. Sehr informativ und sehr beeindruckend: die ungeheure Wucht  und kriminelle Energie, mit der Richard Nixon zwei Jahre die Ermittlungen behindert hat. Verblüffend und atemberaubend sind die tränenreichen Abschiedsszenen nach Nixons letzter Rede im Weißen Haus, die er im vollen Bewusstsein der Unschuld als Saubermann gehalten hat, der alles nur für Amerika getan haben will. Erst später wurde bekannt, dass er in seiner Wahlkampagne 1968 die Friedensverhandlungen seines Rivalen Lyndon B. Johnson sabotiert hat, in dem er den Südvietnamesen versprach, für sie einen "besseren Deal" herauszuholen, wenn er Präsident würde. Die Zahl der vietnamesischen Soldaten und Zivilisten und der US - Soldaten, die für Nixons politischen Ehrgeiz ihr Leben lassen mussten, wurde m.W. niemals ermittelt.

Hier ist "All the president's men. Revisited", das auf YouTube veröffentlicht wurde.





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